Objekt: Neubau Therme Wien Oberlaa
Bauherr: VAMED Standortentwicklung & Engineering GmbH & Co. KG, Wien
Architekt: 4a Architekten GmbH, Stuttgart
Fotografin: Cathrine Stukhard, Bad Vöslau
Abdichtung im Verbund mit Fliesen und Platten (AIV), bestehend aus
Dichtschlämmen: weber.tec 824, weber.tec Superflex D2 (reaktiv abbindend)
Klebemörtel: weber.xerm 858 (flexibler Dünn- und Mittelbettmörtel)
Fugenmörtel: weber.fug 873 (hochfest, zementgebunden)
Schwimmbadkeramik: Beckenkopfsystem Wiesbaden als Sonderanfertigung,
Fliesenprogramme Plural plus 2 und Chroma II von Agrob Buchtal
Schwimmbadbau: Gebäude folgt der Topografie
Die Gestaltung der Therme Wien folgt dem Motiv eines Bachlaufs. Allzu dekorative Elemente sucht man jedoch vergebens. Denn die Architekten setzten ihre Idee konsequent mit den architektonischen Mitteln Raum, Material und Farbe um.
Wer an Wien denkt, dem wird zunächst kein idyllischer Kurort mit Badebetrieb in den Sinn kommen. Doch etwas außerhalb, im 10. Bezirk, verfügt die österreichische Hauptstadt über eine Thermalquelle, die bereits den Römern bekannt war und heutzutage von einer der modernsten Stadtthermen Europas genutzt wird. Eingebettet in die Kurlandschaft Wien Oberlaa bietet die Anlage ein abwechslungsreiches Entspannungserlebnis aus vielfältigen Becken, Ruhezonen, Gastronomie- und Beautyeinrichtungen.
Das Gebäude folgt der Topografie
Geplant wurde die Therme von dem Stuttgarter Büro 4a Architekten. Sie entwickelten ein dreigeschossiges Gebäudeensemble, das sich dezent an die Umgebung anpasst. Dabei stand die Natur Pate: Grundmotiv des Entwurfs ist ein Bachlauf, der sich zwischen Steinen hindurchwindet, sie umspült und mal enger, mal breiter wird. Mit dieser Inspiration ist es den Architekten gelungen, eine einzigartige Badeerlebnislandschaft zu gestalten. Ausgangspunkt ist eine der Thermalquellen auf dem Grundstück. Der flächige Grundriss des Gebäudes folgt ihrem Verlauf ähnlich einem gewundenen Fluss in Richtung Süden. Einzelne „Themensteine“ – kantige, grau verputzte
Gebäudeteile – ragen wie große Bachkiesel aus der Dachlandschaft des Ensembles heraus.
Von der Mündung bis zur Quelle
Über die „Flussmündung“ tritt der Besucher in das Foyer ein und beschreitet den Weg flussaufwärts, vorbei an den unterschiedlichen Themensteinen, in Richtung Quelle. Der Pfad weitet und schließt sich, überrascht mit unterschiedlichen Szenarien und Perspektiven und macht immer wieder neugierig darauf, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt. Stellenweise empfinden blaue, im Boden eingelassene Lichtstreifen den motivgebenden Wasserlauf nach. Unterschiedliche Wasserattraktionen setzen weitere Akzente: Mal läuft es als ruhiger Vorhang eine Wand hinunter, mal sprudelt und plätschert es in Kaskadenbecken. Der Weg Richtung Quelle führt zunächst am ersten Themenstein, dem Beautystein, vorbei, weitet sich zur Thermalhalle 1, verjüngt sich zur Schlucht zwischen Relax- und Erlebnisstein, öffnet sich wiederum zur Thermalhalle 2 und endet schließlich in der Saunalandschaft.
Jahreszeiten bestimmen Farb- und Materialkonzept
Die unterschiedlichen Bereiche haben jeweils eine ganz eigene Atmosphäre. Wechselnde Farb-, Material- und Lichtkonzepte unterstreichen die Raumchoreografie. Die Basis bilden ruhige Weiß-, Beige- und Grautöne als Keramikbeläge oder Betonoberflächen an Böden und Wänden. Farbliche Akzente setzt vor allem die Decke. 4a Architekten entwickelten dazu ein eigenes Konzept nach den vier Jahreszeiten. So unterstreichen frühlingshafte Grüntöne als Deckenmosaik den lebendigen Charakter des Foyers und der hellen Thermalhalle 2. Sommerliche Töne beherrschen die Gastronomiebereiche, während es in der Thermalhalle 1 ruhig und herbstlich zugeht. Im Erlebnisstein steht schließlich das winterliche Eismeer Pate. Das turbulente Innenleben der Schwimmhalle mit Rutschen, Wildwasserkanal, Erlebnisbecken und Wasserspielpark spiegelt sich wider in den frischen Blau- und Weißtönen des Deckenmosaiks. Der Sprungturm am zugehörigen Becken erinnert an eine bizarre Felsenlandschaft, aus der die Plattformen herausragen.
Im Relaxstein wird auf Farbvielfalt weitgehend verzichtet. Sanfte Cappuccinotöne an den Wänden, ein dunkler Holzboden und eine freundliche Lichtstimmung erzeugen eine warme Atmosphäre auf den Liegeflächen der Galerie. Die gleiche erdige Farbigkeit charakterisiert auch das darunter liegende Relax- und das Solebecken. Lediglich im Grottenbecken erzeugen dunkler Putz und ebensolche Keramikbeläge eine höhlenartige Stimmung, die durch die gedämpfte und akzentuierte Beleuchtung noch verstärkt wird. Den Abschluss des Bachlaufs bildet schließlich der Saunabereich. Auch hier herrschen Erdtöne und warme Holzoberflächen vor.
Strapazierfähige Fliesenverlegesysteme
Ihr Beckenwasser bezieht die Wiener Stadttherme aus zwei Heilquellen, die zu den wirkungsvollsten in Europa zählen. Das Wasser mit einer Quelltemperatur von 54 °C deckt zunächst einen großen Teil des Wärmeenergiebedarfs des Gesamtkomplexes, bevor es mit maximal 36 °C in die Pools fließt. Der hohe Gehalt an Schwefel und Mineralien stellt beachtliche Anforderungen an die verwendeten Materialen. Die Architekten setzten daher konsequent auf strapazierfähige Schwimmbadkeramik, die sie in verschiedenen Farben und Formaten in das Gestaltungskonzept integrierten. Die Qualität und Beständigkeit der Verfliesung ist untrennbar mit einer funktionierenden Abdichtung verbunden. So wurden bei den Becken auf 3.000 m2 Fliesenverlegesysteme von Saint-Gobain Weber eingesetzt, die sich speziell für Schwimmbäder eignen. Als Verbundabdichtung unter den Fliesen erwies sich eine Reaktivabdichtung als besonders beständig gegen das stark sulfathaltige Wasser.
Die kennzeichnungsfreie Flex-Dichtschlämme kann bereits nach drei Tagen im Dauerunterwasserbetrieb beansprucht werden. Bei der Abdichtung und Verfugung der Beckenumgänge stand die Beständigkeit gegen Reinigungs- und Desinfektionsmittel mit niedrigem pH-Wert im Vordergrund. Hier wurden auf rund 8.000 m2 rissüberbrückende mineralische Verbundabdichtungen und hochfeste Fugenmörtel verbaut.
Spannung und Lebendigkeit
Mit dem Neubau der Therme Wien ist 4a Architekten ein frischer und kräftiger Entwurf gelungen, der sich insbesondere durch den spielerischen Umgang mit dem Raum auszeichnet. Jede der abwechslungsreichen Erlebniswelten erhält die ihr entsprechende Architektur und Atmosphäre – hohe, meist zweigeschossige Räume in den lebendigen Bereichen sowie niedrige Ruhezonen, die Geborgenheit ausstrahlen. Darüber hinaus lebt das Konzept von dem durchdachten Einsatz von Licht, Farbigkeit und Materialien. So wird dem Besucher ein Erlebnis geboten, das er mit allen Sinnen genießen kann.