Matthias Burkart ist Architekt und Partner bei 4a Architekten. Das Stuttgarter Büro erhielt zahlreiche Preise für Thermen und Schwimmbäder, darunter den IOC/IAKS Award des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und der Internationalen Vereinigung. Er war maßgeblich an der Gestaltung der Therme Wien beteiligt.
Moderne Bäderarchitektur: Matthias Burkart im Gespräch
Wellnesstempel und Edel-Spa: Architekt Matthias Burkart über Lebenszyklen, Materialien, Licht und Trends in der modernen Bäderarchitektur.
Dekorativ gestaltete Themenwelten sucht man in den Entwürfen von 4a Architekten vergeblich. Was unterscheidet Ihre Bäderarchitektur von anderen Spaßbädern und Wellnesstempeln?
Auch wir orientieren uns gerne an konkreten Motiven. Bei der Therme Wien waren es ein Bachlauf und die vier Jahreszeiten, in Konstanz am Bodensee dagegen die Segel auf dem Wasser. Der Ort, für den ein Entwurf entsteht, ist also sehr wichtig. Allerdings arbeiten wir nie mit dem realistischen Bild, sondern versuchen assoziativ zu denken und unsere Ideen in abstrakte Formen und eine frische, moderne Architektursprache zu übersetzen. Uns geht es darum, mit Licht, Material oder den Reflexionen auf dem Wasser eine ansprechende Atmosphäre in den Innenräumen zu erzeugen.
Welchen Stellenwert hat gute Architekturgestaltung bei Ihren Auftraggebern?
Vermarktungsstrategien sind heutzutage enorm wichtig geworden. Jeder Betreiber sucht nach einem Alleinstellungsmerkmal für sein Bad. Das geht mit einem individuellen Programm, also beispielsweise der Positionierung als Wellenbad oder Wellnessoase. Oder man versucht es mit Architektur. Mit unseren Entwürfen schaffen wir eine Unverwechselbarkeit, die für die Betreiber einen echten Mehrwert darstellt. Vor der Gestaltung steht aber immer die Funktionalität. Grundvoraussetzung für den Erfolg ist es, das richtige Bad mit der richtigen Ausstattung am richtigen Ort zu errichten.
Welche Trends erwarten Sie für die nächsten Jahre im Bereich Wellness und Schwimmbäder?
Nach wie vor ist der enorme Sanierungsbedarf der deutschen Schwimmbäder ein großes Thema. Auch der Trend, Drei- und Vier-Sterne-Hotels mit opulenten Wellnessbereichen aufzuwerten, ist noch in vollem Gange. Vor allem in Österreich wird die Kombination aus Therme, Hotel, Wellnessangebot und Gesundheitszentrum zunehmend populär. Solche Konzepte bieten einer immer älter werdenden Kundschaft einen Kurzurlaub mit medizinischer Betreuung in reizvoller Landschaft. Seit sich die gesetzlichen Krankenversicherungen weitgehend aus der Bezuschussung von Kuren zurückgezogen haben, schlagen auch immer mehr deutsche Kurbäder wie Baden-Baden oder Bad Salzuflen diesen Weg auf Initiative privater Betreiber ein.
Mit welchen Lebenszyklen rechnen Sie bei Schwimmbadobjekten? Welches sind die Hauptgründe für einen Neubau oder eine Sanierung?
Meistens sind die Bäder auch bei regelmäßiger Wartung nach rund 30 Jahren komplett überaltert. Das Leistungsangebot entspricht dann nicht mehr den Wünschen der Besucher, Oberflächen sind abgenutzt, und die Gebäudetechnik wird anfällig. Reine Sportbäder, bei denen sich die funktionalen Anforderungen kaum verändern, können auch mal 40 Jahre erreichen. Ein entscheidender Punkt für eine Sanierung oder einen Neubau ist der Energieverbrauch. Hier ist ein Einsparpotenzial von 60 – 70 % durchaus realistisch.
Welche Ansprüche stellen Sie an die Materialien in Schwimmbädern?
Die Therme Wien zählt 800.000 Besucher im Jahr – allein das ist eine beträchtliche Belastung. Hinzu kommen die hohen Temperaturen und die enorme Luftfeuchtigkeit. Daher arbeiten wir eigentlich nur mit den besten Materialien: Beton, Edelstahl, Glas und natürlich gutes Steinzeug. Auch Holz hat sich bewährt, da es Feuchtigkeit gut aufnehmen und wieder abgeben kann. In Wien haben wir es als Deckenbekleidung in Form von Holzlamellen sowie von farbigen, akustisch wirksamen Holzwolleplatten eingesetzt.
Und wie sieht es unter der Oberfläche aus? Warum arbeiten Sie mit Verbundabdichtungen unter Fliesenbelägen?
Aus meiner Sicht gibt es keine Alternative. Für Schwimmbecken sind Verbundabdichtungen das Einzige, was richtig funktioniert.