DATA & FACTS
KÖPFE-01.05.2012
Zur Person

Dipl.-Ing. Joachim Werner ist Architekt mit Schwerpunkt Krankenhausbau und Partner bei Brechensbauer Weinhart + Partner Architekten. Das Münchener Büro hat sich auf hochtechnisierte Gesundheits-, Labor- und Forschungsgebäude spezialisiert. Es war unter anderem an dem Neubau des Internistischen Zentrums der Uniklinik Erlangen beteiligt.

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Wieviel Architektur ist möglich?

Joachim Werner über Krankenhausbau

Wie hoch ist der Einfluss der Krankenhausarchitektur auf das Wohlbefinden und die Rehabilitation der Patienten? Joachim Werner über die Rolle von Architektur und Architekten im Gesundheitsbau 

Was unterscheidet die Planung von Krankenhäusern von anderen Bauaufgaben?

Zunächst einmal gar nichts! Vielfältige Funktionsbeziehungen hat jede Bauaufgabe, nur werden diese gerne übersehen. Die Schwierigkeiten im Krankenhausbau liegen im Umfang und der Komplexität der Funktionen. Dazu kommen zum Teil aberwitzige Mengen an Gebäudetechnik, die der Architekt in sein Konzept integrieren muss. Nicht zuletzt gibt es noch einige allgemeine und krankenhausspezifische Vorschriften, z.B. im Hygienebereich.

Wie reagieren Sie auf die hohen Anforderungen an Hygiene oder mechanische Beanspruchungen?

Fugenlos ist optimal. Das geht natürlich nicht immer, und das will man auch nicht immer. Mechanische Beanspruchungen lassen sich schon in der Planung durch die Vermeidung von Bauwerksfugen reduzieren. Beim Internistischen Zentrum in Erlangen ist es den Tragwerksplanern gelungen, den Rohbau auf einer Länge von 320 Metern komplett fugenlos zu halten. Damit entfallen schon mal die hässlichen und im Unterhalt teuren Bauwerksfugen. Darüber hinaus spielt die Auswahl geeigneter Materialen eine entscheidende Rolle. Den hohen Anforderungen an Hygiene und an Dekontaminationsfähigkeit, z.B. in Untersuchungsräumen, sind wir mit strapazierfähigem Pharmaterrazzo begegnet.

Ein wunderbares Gestaltungsmittel sind nach wie vor keramische Beläge, die wir im Kleinformat von 5 x 5 cm in den kleinen Bädern bis zum Großformat von 60 x 60 cm in den Hallen eingesetzt haben.

Wie viel Spielraum bleibt für gute Architektur im Spannungsfeld von Kosten, Zeitdruck und Funktionalität?

Das hängt ganz vom Können des Architekten ab. Wir alle sehen an gebauten Beispielen, dass trotz der genannten Grenzen schöne Häuser entstehen können.

Spiegelt sich die Unterscheidung zwischen Kassen- und Privatpatienten im Gesundheitsbau wider?

Hier unterscheiden sich privat geführte Häuser deutlich von jenen der öffentlichen Hand. Die privatwirtschaftlichen Betreiber leisten sich durchweg einen deutlich höheren Standard, wie ihn auch sehr gute Hotels bieten. In den sogenannten Wahlleistungszimmern finden Sie dort Sessel, Mediencenter mit großen Flachbildschirmen, Musikanlagen oder auch eine besondere Farbgebung an Wänden. Die öffentlichen Häuser gehen deutlich behutsamer mit den Mitteln um und differenzieren gerade so weit, wie es die Kassen fordern.

Wie groß ist der Einfluss der Architektur auf das Wohlbefinden der Patienten?

Macht man es niedrig, verschlungen, eng und dunkel, überfrachtet es dann auch noch mit unkontrollierter Material- und Farbfülle, wird sich niemand wohlfühlen. Außer jenen, die genau das mögen, die das von zu Hause nicht anders kennen, soll es geben. Ich glaube nicht an die erzieherische Wirkung der Architektur, gebe trotzdem nicht auf und gestalte lieber gradlinig, frisch, luftig, heiter.