Mit Einführung des Gebäudetyp E sollen Häuser schneller, einfacher, kostengünstiger und ressourcenschonender geplant und gebaut werden.
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EXKURS-13.05.2024
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Auf die Grundlagen fokussieren, Neues wagen

Gebäudetyp E

„Macht das Bauen endlich einfacher“ – diese Forderung würde wohl ein Großteil der deutschen Baubranche unterschreiben. Denn die Planung, Errichtung und der Betrieb von Gebäuden wird immer komplexer. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund schätzte schon 2021, dass es hierzulande etwa 20.000 baurelevante Reglungen gibt, davon knapp 4.000 DIN-Normen, die je nach Projekt zu beachten sind.

Mögen die meisten dieser Normen, Richtlinien, Verordnungen und Gesetze für sich genommen sinnvoll und relevant sein, sorgen sie doch in ihrer Gesamtheit dafür, dass Bauen in Deutschland auch im internationalen Vergleich teuer, planungsintensiv und paragrafengetrieben ist. Zusammen mit Problemen wie dem Fachkräfte- und Wohnraummangel, einer dringend nötigen nachhaltigen Bauwende und steigenden Zinsen ergibt sich das Bild einer überaus komplexen und dadurch teilweise gelähmten Branche.

Gebäudetyp E als Ergänzung für bestehende Gebäudeklassen

An dieser Stelle setzt das Konzept des Gebäudetyp E an, das von der Bayerischen Architektenkammer entwickelt wurde und inzwischen auch auf Bundesebene unterstützt wird. Das e steht dabei für einfach oder experimentell, das Ziel lautet: Häuser schneller, einfacher, kostengünstiger und ressourcenschonender planen und bauen. Dafür sollen Bauherr*innen und Planende ihr Projekt auf den eigentlichen Kern der in den Bauordnungen definierten Schutzziele – etwa Standsicherheit, Brand- und Umweltschutz sowie gesunde Lebensverhältnisse – reduzieren können. Über individuelle Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Architekturbüro könnten mit dem Gebäudetyp E Abweichungen zum Beispiel vom Schallschutz, der Haustechnik und dem Stellplatzschlüssel oder für den Einsatz alternativer Baustoffe geregelt werden. Diese Möglichkeit richtet sich explizit an fachkundige Auftraggeber*innen, weshalb der Gebäudetyp E die bestehenden Gebäudeklassen auch nicht ersetzen, sondern ergänzen soll.

Eine rechtliche Grundlage schaffen

Voraussetzung dafür ist einerseits die Aufnahme des neuen Gebäudetyp E in die Landesbauordnungen. Andererseits bedarf es einer Öffnungsklausel im Paragraf 633 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Dies könnte beispielsweise Auswirkungen auf die Schallschutzanforderungen haben: Derzeit ist eine Mangelfreiheit ohne weitere Vereinbarung nur dann gegeben, wenn der erhöhte Schallschutz eingehalten wird. Ziel besagter Öffnungsklausel ist hierbei eine rechtssichere Vereinbarung mit dem Bauherrn, dass von der Norm abgewichen werden darf, ohne dass ein Mangel entsteht.

Nicht mehr länger warten

Wer die deutsche Bürokratie kennt, weiß, dass die Mühlen langsam mahlen (können). Aus diesem Grund haben einige Bundesländer bereits jetzt Modellprojekte angestoßen, die den Gebäudetyp E in der Praxis erproben sollen. So hat die Bayerische Staatsregierung im Sommer 2023 mit einer Änderung der Bayerischen Bauordnung den Weg im öffentlichen Recht geebnet. Ende 2023 wurden dann 19 Pilotprojekte verkündet, darunter öffentliche und privat initiierte Wohnbauprojekte ebenso wie Schulbauten, ein Verwaltungsgebäude und Bestandsentwicklungen.
Es bleibt abzuwarten, wann und wie der Gebäudetyp E auf Bundesebene umgesetzt wird. Die 19 Pilotprojekte jedenfalls werden wissenschaftlich begleitet, um seine Wirksamkeit zu prüfen und eventuellen Handlungsbedarf festzustellen – ein wichtiger Schritt, um mehr Spielraum beim Bauen zugunsten nachhaltiger Architektur zu ermöglichen.