Dipl.-Ing. Christian Eberwein ist Inhaber und Geschäftsführer der EBIS GmbH. Im Jahr 2023 unterstützte er mit einem achtköpfigen Team von Ingenieur*innen, erfahrenen DGNB-Consultants, ESG-Manager*innenund BREEM Auditor*innen, Energieeffizienzexpert*innen und Baubiolog*innen soziale Einrichtungen bei der Erstellung von Konzepten zur Klimaanpassung. Für weitere Fragen steht Christian Eberwein gern telefonisch unter 0208 – 884 263 08 oder per Mail an c.eberwein@ebis.gmbh zur Verfügung.
Dipl.-Ing. Christian Eberwein über Klimaanpassung und sommerlichen Wärmeschutz
Zukunftsweisende Konzepte zur Klimaanpassung für soziale Einrichtungen kombinieren Maßnahmen gegen Hitze, anhaltende Trockenheit, Starkregen, Starkwind sowie solche für mehr Biodiversität.
Bis August 2023 konnten gemeinnützige oder öffentlich-rechtlich organisierte soziale Einrichtungen über das Förderprogramm „Anpassung an den Klimawandel“ (kurz „AnpaSo“) beim Umweltminiserium (BMUV) Gelder für die zukunftsfähige Gestaltung ihrer Gebäude und Außenbereiche beantragen. Gemeinsam mit seinem Team der EBIS GmbH erarbeitete Dipl.-Ing. Christian Eberwein hierzu zahlreiche Konzepte.
Herr Eberwein, ist die Anpassung an den Klimawandel für soziale Einrichtungen in Deutschland ein wichtiges Thema?
Durch das AnpaSo-Programm ist das Thema der Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen stark präsent geworden. Viele der Eigentümer*innen und Leitungen dieser Einrichtungen erkannten bereits zuvor den Bedarf für Anpassungen, wussten jedoch nicht, wie sie damit umgehen sollten. Zudem sind die finanziellen Ressourcen im sozialen Sektor begrenzt und fließen vorrangig in die Betreuung der Menschen. Der Zeitpunkt für eine Förderinitiative war also optimal, auch da insbesondere Hitzebelastungen durch z.B. veraltete Fenster und mangelnde Isolierung in solchen Gebäuden immer spürbarer werden.
In welchen Bereichen macht sich der Druck zur Klimaanpassung für die Bauherr*innen am stärksten bemerkbar?
Der Anpassungsdruck betrifft sowohl die Gebäude selbst als auch die Außenbereiche. Maßnahmen gegen Hitze, anhaltende Trockenheit, Starkregen, Starkwind sowie für mehr Biodiversität werden umgesetzt. Die Zielsetzung der Konzepte liegt in einem ganzheitlichen Ansatz. Der Perspektivwandel geht in Richtung einer umfassenden Anpassung der Architektur und Landschaft, um sie und die Bewohner*innen vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Viele Einrichtungen sind dabei bereits naturbezogen. Wir ergänzen dann beispielweise mit inneren und äußeren Begrünungen.
Mit welchen Herausforderungen haben insbesondere soziale Einrichtungen zu kämpfen?
Die Hitzeeinwirkung ist besonders für ältere oder sehr junge Personen im Gebäude problematisch. Viele sind nicht mobil und können nicht eigenständig nach draußen gehen. In Kindertagesstätten beispielsweise benötigen Kinder schattige Plätze im Freien. Oft gibt es stark befestigte Flächen für Anlieferungen und Abholungen, die eine Hitzequelle darstellen. Hier sind grüne Pergolen im Außenbereich effektiver als beispielsweise Wellblechdächer, die Wärme stauen.
Dipl.-Ing. Christian Eberwein
Der Perspektivwandel geht in Richtung einer umfassenden Anpassung der Architektur und Landschaft, um sie und die Bewohner vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen. Die ganzheitliche Betrachtung der Maßnahmen ist entscheidend, um nachhaltige und effektive Anpassungen zu erreichen. Allein eine Begrünung oder Beschattung der Fassade ohne Maßnahmen an der Gebäudehülle sind wenig wirkungsvoll.
Wie gehen Sie bei der Erstellung eines Konzepts zur Klimaanpassung vor?
Zunächst führen wir eine Bestandsaufnahme des Gebäudes durch. Wir machen Fotos, inspizieren das Objekt und führen Gespräche mit den Einrichtungsleiter*innen und Mitarbeitenden. Dabei werden erste Maßnahmen erkannt und definiert. Wir betrachten den Standort aus klimatischer Sicht, berücksichtigen die Topografie und das Verhalten bei Starkregen. Anschließend erfolgt eine Bewertung der Bauteile. Darauf aufbauend definieren wir potenzielle Maßnahmen. Von der Entsiegelung von Flächen, der Fassadenbegrünung, über Fassadendämmung mit einem Wärmedämm-Verbundsystem bis zur Installation von schattenspendenden Jalousien und Markisen. Die beantragten Maßnahmen sollen nach Möglichkeit naturnah und nachhaltig sein, also beispielsweise nicht der Einbau von energiefressenden Klimaanlagen. Die Einrichtung wird ganzheitlich betrachtet, von der Gebäudebefestigung bis zur Innenbegrünung. Besonderheiten des Objekts, wie die Anzahl der Betroffenen, werden berücksichtigt. Wir liefern den Bauherr*innen/Eigentümer*innen ein Konzept, das später für den Antrag von Fördermaßnahmen und zur Einhaltung der Kriterien der EU-Taxonomie genutzt werden kann.
Wie umfangreich muss man sich solch ein Konzept zur Klimaanpassung vorstellen?
Das ganzheitliche Konzept erstreckt sich über knapp 100 Seiten, da alle Wohn- und Außenbereiche und Maßnahmen im Bestand sehr detailliert anhand einer Clusterdarstellung geprüft werden. Es behandelt die Bereiche Gebäudehülle, Kühlsysteme, alternative Nachtventilation, Fassaden- und Dachbegrünung, Wasserspender sowie Außenbereiche mit Hochwasserschutz und Schattenplätzen. Für jede Maßnahme wird eine detaillierte Maßnahmenbeschreibung erstellt, einschließlich einer detaillierten Kostenanalyse, und einer zugehörigen fotografischen Dokumentation. Im Folgenden wird eine abschließende Nachhaltigkeitsprüfung durchgeführt, um die Kompensationsmöglichkeiten von grauen Maßnahmen im Vergleich zu naturnahen Maßnahmen zu verdeutlichen. Dabei werden bereits Aspekte der europäischen ESG-Kriterien und der EU-Taxonomie berücksichtigt.
Gibt es Maßnahmen, die von Ihren Auftraggebenden besonders häufig gewünscht werden? Welche Rolle spielt zum Beispiel sommerlicher Wärmeschutz?
Das AnpaSo-Programm betrachtet vorwiegend den sommerlichen Wärmeschutz. Bei der Betrachtung der Gebäude und der Konzepterstellung haben wir jedoch stets auch die Energieeffizienz während der Heizperiode im Blick, um positive Effekte zu maximieren. Schließlich werden soziale Einrichtung nicht jedes Jahr saniert und die Wirkungen sollen für Bauherr*innen und Bewohner*innen dauerhaft sein. Der ganzheitliche Ansatz steht im Vordergrund, sodass Kosten-Nutzen-Verhältnisse nicht immer direkt greifen. Maßnahmen zum Schutz vor Hitze, also beispielsweise die Dämmung der Gebäudehülle, bieten jedoch immer einen starken Kosten-Nutzen-Vorteil. Sie stabilisieren den Energiehaushalt, reduzieren den CO2-Ausstoß und bieten den Bewohnern vielfältige positive Effekte im Sommer wie im Winter. Allein eine Begrünung oder Beschattung der Fassade ohne Maßnahmen an der Gebäudehülle sind wenig wirkungsvoll.
Wo sehen Sie Deutschland bei den Maßnahmen zur Klimaanpassung und dem Thema „Sommerlicher Wärmeschutz“ im europäischen Vergleich?
Es gibt immer Raum für mehr Maßnahmen. Aber das AnpaSo-Programm adressiert den sommerlichen Wärmeschutz bereits gut. Der hohe Bedarf für dieses Programm in sozialen Einrichtungen verdeutlicht, wie groß das Potenzial noch ist. Ich hoffe, dass die positive Wirkung der Förderung jetzt zügig für die Bewohner spürbar wird. Das Programm bringt einen Wandel mit sich und wird wahrscheinlich auch die städtische Bebauung verändern, indem mehr Natur in die Städte integriert wird. Dies beeinflusst die Biodiversität, das Raumklima sowie die Gesundheit und soziale Interaktion der Menschen positiv. Andere südeuropäische Länder hatten aufgrund älterer Städte mehr Bedarf, während sich in Deutschland der Lebenswandel weniger stark änderte.