Objekt: Haus Am Horn, Versuchshaus des staatl. Bauhauses Weimar
Bauherr: Staatliches Bauhaus Weimar (1923), Freundeskreis der Bauhaus-Universität Weimar (Sanierung)
Architekt: Georg Muche und die Architekturabteilung des Bauhauses (1923), Wittenberg Architekten, Weimar (Sanierung)
Fotograf: Claus Bach, Weimar
Putz: weber.top 200 mineralischer Edelkratzputz, Körnung 1 mm mit Glimmerzuschlägen, geschabt
Haus am Horn: Fassadensanierung einer Bauhaus-Ikone
Das Haus am Horn in Weimar von Georg Muche wurde 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe – eine Herausforderung für die Fassadensanierung.
Der Einfluss des Bauhauses auf die moderne Architektur ist kaum zu überschätzen. Der radikal neue Ansatz, den die Baumeister um Walter Gropius Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten, zeigt sich bereits bei einem der ersten Bauobjekte: dem Haus Am Horn in Weimar. Seinem historischen Wert entsprechend, wurde das Gebäude 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt – eine Herausforderung auch für die Fassadensanierung.
Das Haus Am Horn wurde anlässlich der ersten großen Bauhaus-Ausstellung 1923 nach einem Entwurf des Bauhaus-Meisters Georg Muche errichtet. Bauherr war Walter Gropius selbst, die Umsetzung überwachten seine Mitarbeiter Walter March und Adolf Meyer. Das Einfamilienhaus sollte als Musterhaus einer ganzen Siedlung fungieren, die jedoch nie verwirklicht wurde. Es blieb beim Haus Am Horn. Weitere Typen und Variationen existieren nur als Zeichnungen. Die Bauhaus-Architekten planten auch in wirtschaftlichen Kategorien: Rationalisierung, Kostensenkung, Massenfertigung. Walter Gropius‘ erklärtes Ziel war „die fabrikmäßige Herstellung von Wohnhäusern im Großbetrieb auf Vorrat“. Die montagefähigen Einzelteile sollten nicht mehr auf der Baustelle, sondern in Fabriken produziert werden. Angestrebt war ein Baukastensystem, aus dessen Bestandteilen sich verschiedene „Wohnmaschinen“ zusammenfügen ließen.
Wärmedämmung auf Torfbasis
Ganz so weit ist man beim Haus Am Horn zwar nicht gekommen – man achtete aber bei der Wahl der Baustoffe und -teile auf solche, die dem synthetischen Baugedanken entgegenkamen. Dies begann bereits im Rohbau: So wurden großformatige Leichtbetonplatten mit einer innenliegenden Wärmedämmung aus Torfoleum, einem der ersten industriell gefertigten Dämmstoffe, verwendet. Weiter gab es für die damalige Zeit innovative Hohlsteindecken und ein Flachdach mit einer Asphaltbahn. Auf einer Fläche von nur 12,70 m x 12,70 m entstand so ein eingeschossiges Wohnhaus, dessen Räume um einen in der Mitte liegenden Hauptraum gruppiert sind. Die ebenfalls vom Bauhaus entworfenen Möbel sind leider größtenteils nicht mehr vorhanden.
Feiner Putz als prägendes Gestaltungselement
Die Gebäudefassade spielte im Entwurf eine entscheidende Rolle. Fassadenschmuck war verpönt, die Aufmerksamkeit sollte sich auf die kubische Grundform konzentrieren. Dementsprechend bevorzugte man Oberflächen, die die stofflichen, farblichen und plastischen Strukturen ihres Materials betonten. Häufig findet man weiße, glatte Putzoberflächen, die den Gebäuden ihre markante Optik verleihen und die bis heute als Markenzeichen für die Bauhaus-Architektur stehen. Auch beim Haus Am Horn wurde ein Edelputz verwendet, der durch Glimmerpartikel im Material eine lebendige, changierende Wirkung erzielt. Die Planer wählten einen Schabeputz mit einer Körnung von nur 1 mm und erhielten so eine feinere Struktur als mit herkömmlichem Kratzputz. Zudem nahmen sie mit der Verwendung eines Edelputzes den neuen Gedanken des rationellen Bauens auf. Denn im Gegensatz zu den damals üblichen traditionell hergestellten Baustellenmörteln wies der industriell hergestellte Werktrockenmörtel eine gleichbleibende Fertigungsqualität auf, was auch einen Zeitgewinn im Bauprozess bedeutete.
Tücken der Baukonstruktion
Während des Krieges, in der Nachkriegszeit und in der DDR erlebte das Haus Am Horn eine wechselvolle Geschichte mit zahlreichen unterschiedlichen Besitzern und Umbauten. Seit den 1980er-Jahren ist das Bewusstsein für den historischen Wert des Gebäudes gewachsen, kurz nach der Wende übernahm der Freundeskreis der Bauhaus-Universität Weimar e.V. die Trägerschaft. Dieser gab im Jahr 1999 umfassende Sanierungen in Auftrag. Ziel war es, das Ursprungsgebäude von 1923 wiederherzustellen und dabei die originale Substanz weitgehend zu erhalten. Die An- und Umbauten der vergangenen Jahrzehnte wurden zurückgebaut. Daneben galt es, die Fassade zu sanieren und Feuchteschäden zu beheben. »Uns war es wichtig, bei der Sanierung so nah wie irgend möglich am Original zu bleiben. Daher sollte auch der gleiche Putz zum Einsatz kommen«, erläutert der Architekt Thomas Wittenberg, der das Kulturerbe im Auftrag des Freundeskreises seit Jahren betreut. Als Quelle bei der Suche nach Baustoff-Herstellern diente eine Publikation, die 1923 zur Eröffnung der Bauhaus-Ausstellung veröffentlicht wurde. Dort wurde die Firma Terranova erwähnt, die bereits in den 1920er-Jahren den Putz lieferte. Das Unternehmen aus Weilerswist existierte noch und hatte das bewährte Material nach wie vor im Programm.
Schäden zeigten sich vor allem im Spritzwasserbereich am Fuß des Gebäudes. Der Grund: Aus gestalterischen Gründen hatte die Bauhaus-Gruppe auf die Ausbildung eines Sockels verzichtet. Zwar konnte so die Kante zwischen Gebäude und Gelände klarer formuliert werden. Aus bauphysikalischer Sicht ist dies jedoch ein bedenklicher Ansatz, da der mineralische Edelputz der ständigen Feuchtigkeitsbelastung nicht gewachsen ist. Trotzdem blieb man bei den Sanierungsarbeiten aus denkmalspflegerischen Gründen dabei. Man bildete lediglich eine Abrissfuge aus, die aufsteigende Feuchtigkeit stoppen sollte.
Mineralischer Putz trotzt der Zeit
Ganz verhindern ließen sich die Schäden trotzdem nicht. So standen nach knapp 15 Jahren, im Herbst 2013, erneut kleinere Sanierungsarbeiten an der Gebäudefassade an. „Die Abplatzungen im bodennahen Bereich gehen auf den fehlenden Sockel zurück“, kommentiert Wolf Heinrich, Geschäftsführer des Weimarer Fachbetriebs bauhof, der auf Denkmalsanierungen spezialisiert ist. „Doch die restliche Fassade ist
in bemerkenswert gutem Zustand. Auf einer Fläche an der Rückwand des Gebäudes ist sogar noch der ursprüngliche Putz von 1923 zu sehen. Insbesondere zeigt sich auf dem dickschichtigen mineralischen Putz trotz des für das Bauhaus typischen geringen Dachüberstandes kein Algenbewuchs.“ Nach intensiver Recherche stießen die Architekten auch dieses Mal auf eine Quelle für den Originalputz. Zwar ist die Firma Terranova mittlerweile in der Saint-Gobain Weber GmbH aufgegangen, doch das bewährte Produkt ist auch nach 90 Jahren noch lieferbar. Qualität hat eben Bestand.