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DATA & FACTS
KÖPFE-27.11.2024
Zur Person
Pressebild: Dr. Daniel Furhop

Als Wohnwendeökonom beschäftigt sich Dr. Daniel Furhop mit dem sozialen Wohnen, nachhaltigem Stadtwandel und lebenswerten Städten.

Darüber hinaus ist er als Wirtschaftswissenschaftler, Autor und Berater tätig.

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Wohnraum effizient nutzen

Das Potenzial der Wohnsuffizienz

Wohnwendeökonom Dr. Daniel Fuhrhop über die soziale Wohnraumvermittlung als Antwort auf Wohnraummangel, Klimakrise und Einsamkeit.

Herr Fuhrhop, Sie sind Wohnwendeökonom. Können Sie erklären, was genau Sie machen?

Als Ökonom beschäftige ich mich mit dem Wohnen und seinem anstehenden sozialen und ökologischen Wandel. Unter anderem berate ich Kommunen, wie sie die versteckten Reserven des Wohnraums mobilisieren können, und empfehle Programme, die ich in meiner wissenschaftlichen Arbeit und in den Jahren davor kennengelernt habe.

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In Ihrer Dissertation bezeichnen Sie diese versteckten Reserven als „unsichtbaren Wohnraum“. Was genau verstehen Sie darunter?

Es geht beim unsichtbaren Wohnraum nicht um Räume, in denen überhaupt niemand wohnt, sondern um Wohnungen oder Häuser, die zu groß geworden sind – etwa nach dem Auszug der Kinder. Diese Flächen nenne ich dann unsichtbarer Wohnraum, wenn die Bewohner*innen selbst sagen, dass sie sie nicht brauchen und offen sind für andere Nutzungsmöglichkeiten. Freiwilligkeit ist also Grundbedingung.

Mit welchen Lösungsansätzen nähern Sie sich der Nutzung dieser Flächenpotenziale?

Da gibt es einmal das Programm „Wohnen für Hilfe“, für das in Deutschland bereits 30 Stellen existieren. Älteren Menschen werden junge Leute vermittelt, die bei ihnen wohnen. Anstatt Miete zu zahlen, leisten die jungen Leute Gesellschaft, helfen im Haushalt oder Garten. Ein weiterer Ansatz ist das Modell „Sicher Vermieten“ mit der Vermittlung von Mieter*innen an Personen, die privat vermieten, zum Beispiel Einliegerwohnungen.

Oft werden diese Wohnungen gar nicht mehr vermietet, weil die Eigentümer*innen schlechte Erfahrungen gemacht oder Sorge haben, wer dort einzieht. Auch dafür gibt es etwa 70 Programme, über die Kommunen Garantien für eine fließende Miete aussprechen und das Mietverhältnis begleiten können. Im Gegenzug müssen die Eigentümer*innen aus ihrer Wohnung eine Sozialwohnung mit einer Sozialbindung von zehn Jahren machen.

Wie gut laufen diese Programme denn? Gibt es Optimierungspotenzial?

Das erfolgreichste mir bekannte Programm für sicheres Vermieten gibt es in Karlsruhe. Hier verfolgt man dieses Modell seit fast 20 Jahren. Inzwischen wurden dadurch 1.300 Sozialwohnungen im Bestand geschaffen. Die besten Beispiele für das Programm „Wohnen für Hilfe“ findet man in Frankreich, Großbritannien und Belgien. Allein in Brüssel werden jedes Jahr 400 junge Menschen mit älteren zu einem Wohnpaar vermittelt. Entscheidend für den Erfolg ist eine seriöse, professionelle Vermittlungsstelle, vergleichbar mit den Planungsämtern der Kommunen. Mit den besagten Programmen bewegen wir uns allerdings im sozialen Bereich, der meist durch Ehrenämter geprägt ist. Ein Wohnheimplatz kostet im Neubau derzeit etwa 100.000 Euro. Ich bin überzeugt davon, dass wir (nicht nur) an dieser Stelle erheblich einsparen könnten, wenn die sozialen Programme den gleichen Stellenwert hätten wie unsere Bautätigkeiten.

Ein weiterer Ansatz ist das Suffizienzhaus …

Genau. Bei der Energieeffizienz haben wir in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, vieles davon wird über die KfW abgewickelt. Dieses Prinzip würde ich auf den besseren Umgang mit Wohnfläche übertragen und wünsche mir von Bundesländern oder Bund entsprechende Förderungen. Die Reduktion der Pro-Kopf-Wohnfläche innerhalb eines Gebäudes durch clevere Beratung, Vermittlung oder Umbau könnte so honoriert werden. 

Ganz frisch erschienen ist die Neuauflage Ihres Ratgebers „Einfach anders wohnen“. Können Sie kurz zusammenfassen, was Einfamilienhausbesitzer*innen erwartet?

Man kann das Thema wissenschaftlich angehen, aber letzten Endes sollte es auch ein bisschen Spaß machen. Dieser Ratgeber bereitet das Thema der Wohnsuffizienz mit praktischen Tipps und Beispielen auf – vom Entrümpeln über die bessere Ausnutzung des Wohnraums bis zu den sozialen Programmen, über die wir gerade gesprochen haben.