DATA & FACTS
KÖPFE-01.05.2016
Zur Person

Frank Holschbach ist Architekt und führt mit Frank Lohner und Jens Voss das gemeinsame Büro in Köln. LHVH Architekten betreut Projekte von der ersten Entwurfsskizze bis zur Baufertigstellung.

Frank Vorwerk ist Geschäftsführer der Heinz Vorwerk GmbH im westfälischen Warendorf. Der Betrieb hat sich zur Aufgabe gemacht, traditionelles Putz- und Stuckhandwerk mit gestalterischem Anspruch zu verbinden.

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Architektur handwerklich veredeln

Architektur und Handwerk – gemeinsam den Bauablauf im Blick

Früher vereinten die großen Kirchenbaumeister Architekt und Handwerker in einer Person. Heute ist das Bauen arbeitsteiliger organisiert. Architekt Frank Holschbach und Stuckateur Frank Vorwerk sind sich einig: Gute Architektur entsteht im Zusammenspiel von Planungsbüro und Fachhandwerk. Beim gemeinsamen Projekt der Kömpelkapelle in Morsbach haben sie das unter Beweis gestellt. 

Herr Holschbach, welche Rolle spielt der Handwerker bei Ihren Bauprojekten?

Holschbach: Eine sehr große! Bei der Kapelle in Kömpel und bei vielen anderen Projekten hatten wir das Glück, durchweg mit interessierten Handwerkern zusammenzuarbeiten, die verstanden haben, worum es uns geht. Man muss miteinander sprechen und gemeinsam nach Möglichkeiten suchen können. Es bringt ja nichts, wenn Details zwar architektonisch anspruchsvoll sind, den Handwerker aber vor so viele Probleme stellen, dass er die Lust an dem Projekt verliert.

Haben Architekten und Handwerker bei den heutigen Vergaberegeln überhaupt noch die Chance, gemeinsame Lösungen zu entwickeln?

Vorwerk: Selbstverständlich! Zumindest bei der beschränkten Ausschreibung und der freien Vergabe kann der Planer die Qualität des Bauwerks bereits im Vorfeld durch die Auswahl der Firmen beeinflussen. Für uns als Handwerksbetrieb kann es sogar ein Vorteil sein, weil man einen Informationsvorsprung bei der Ausschreibung hat. Wenn der Handwerker frühzeitig mit in die Planung einsteigt, kann man gemeinsam das Budget besser festlegen. Das darf aber nicht zu Phantasiepreisen führen. Wer dauerhaft im Markt bestehen will, muss immer wirtschaftlich für alle Seiten kalkulieren.

Holschbach: Wenn man für öffentliche Auftraggeber oder Generalunternehmer arbeitet, bleibt so etwas leider allzu oft auf der Strecke. Das Ergebnis ist einfallslose Massenarchitektur. Hinzu kommt, dass der Bauherr häufig gar nicht weiß, nach welchen Kriterien er bei der Vergabe entscheiden soll. Man verschickt fünf identische Leistungsverzeichnisse und bekommt fünf ganz unterschiedliche Angebote. Die Entscheidung fällt dann meist für den billigsten Bieter. Wir nehmen lieber den zweitbilligsten, wenn wir den Betrieb kennen oder er uns mit guten Referenzen empfohlen wurde. Dann wissen wir, was wir erwarten können.

Wie haben Sie die Firma Vorwerk kennengelernt?

Holschbach: Herr Vorwerk hat sich bei uns vorgestellt und Putzmuster mitgebracht. Damals hatte er auch den Edelkratzputz dabei, der uns so gut gefallen hat, dass wir ihn dann in Kömpel eingesetzt haben.

Vorwerk: Es war tatsächlich Kaltakquise. Wir haben uns damals gezielt an Planer gewandt. Mittlerweile haben wir uns einen Namen gemacht und werden direkt von Architekten angesprochen, ob wir bei der Planung und Umsetzung von Fassaden helfen können. Referenzen und Empfehlungen sind einfach das A und O. Und dann im persönlichen Gespräch schauen, ob die Chemie stimmt.

Welche Unterstützung erwarten Sie von einem guten Stuckateurbetrieb?

Holschbach: Bei Gewerken wie Putzarbeiten muss man sich auf den Handwerker verlassen können. Er empfiehlt die Produkte, mit denen er am liebsten arbeitet und mit denen sich unsere Ideen realisieren lassen. Manchmal fehlt den Handwerkern das Bewusstsein für Architekturdetails und die Verantwortung für das Gesamtbauwerk über das eigene Gewerk hinaus. Man merkt in der Zusammenarbeit schnell, ob jemand Spaß am Beruf hat oder ob er das nur macht, weil er Geld verdienen muss.

Vorwerk: Unser Ziel ist es, Architekten mit gestalterischem Anspruch zu unterstützen. Wir wissen, dass unterschiedliche Baustile unterschiedliche Detailplanungen und unterschiedliche Putzstrukturen erfordern. Mit moderner Architektur gehen wir anders um als mit Neoklassizismus. Dafür steht unser Claim „Wir veredeln Architektur“.

Wie kam es zu der Entscheidung, den Betrieb zu einer „Architektenmarke“ zu entwickeln?

Vorwerk: Für mich bietet das Stuckateurhandwerk unglaubliche Möglichkeiten, Architektur richtig herauszustellen. Ich komme eigentlich aus einer ganz anderen Richtung, habe eine Banklehre gemacht und danach BWL studiert. Für Architektur hatte ich aber schon immer ein Faible, und das Handwerk kenne ich von Kindesbeinen an durch meinen Vater. In der Baukrise um die Jahrtausendwende gelang es dann, vom Massengeschäft wegzukommen und den Betrieb eindeutiger im Markt zu positionieren. Es war also auch eine langfristige wirtschaftliche Entscheidung.

Was macht eine gelungene Fassade aus?

Holschbach: Die Fassade muss eine gewisse Lebendigkeit ausstrahlen. Das ist nicht unbedingt eine Frage des Preises. Man kann das teuerste Material so unspektakulär einsetzen, dass es nichtssagend ist. Umgekehrt kann man auch mit dem günstigsten Material eine tolle Qualität erreichen, wenn man sich intensiv damit auseinandersetzt.

Vorwerk: Bei einer guten Fassade sind Detailanschlüsse gut durchgeplant, korrekt ausgeführt und angrenzende Bauteile wie Fenster, Fensterbänke oder die Attika aufeinander abgestimmt. Darüber hinaus sind Materialauswahl und Handwerkstechnik entscheidend. Putzstrukturen leben von der handwerklichen Handschrift und der Farbgebung mineralischer Materialien.

Arbeiten Sie überwiegend mit traditionellen Techniken, oder sind Sie auch mal experimentierfreudig?

Vorwerk: Wir probieren alles aus, was handwerklich umsetzbar ist. Wir arbeiten aber nur mineralisch und verzichten ganz bewusst auf den Einsatz von Kunstharzen oder Dispersionen. Wir wollen wegkommen von der Monotonie der Putzfassaden, die heute von Scheiben- und Filzputz dominiert wird. In diesem Punkt scheint es einen leichten Wandel bei den Architekten zu geben. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass uns inzwischen eine höhere Kompetenz zugesprochen wird.

Holschbach: Für uns war die Kapelle in Kömpel das erste Bauwerk, bei dem wir Putz jenseits des Standards realisieren konnten. Wir werden uns mit dem Werkstoff, mit Farbe und Oberfläche künftig experimenteller auseinandersetzen. Dafür brauchen wir Handwerker und Hersteller, die uns unterstützen.